

Hirnstromern

Gelesenes 2015/16
Das Museum der Stille
Yoko Ogawa
gelesen im Januar 2016

Ein junger Mann bekommt im Auftrag einer alten Dame in ein abgelegenes Dorf, wo er ein Museum einrichten soll, eine Sammlung vermeintlich alltäglicher Dinge. Bald jedoch entdeckt er, dass die Gegenstände von der Dame gestohlen wurden, um die Erinnerung an verstorbene Dorfbewohner zu bewahren. Als er selbst beginnt, Erinnerungsstücken nachzujagen, wird eine Frau ermordet – und er verdächtigt.
Ogawa hat einen faszinierenden Roman geschrieben, in dem die Grenzen zwischen Realität und Imagination verschwimmen.
Ogawa lässt eine bedrückend schöne Welt entstehen.
Kulturspiegel
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Sinnlich und kurios wie Murakami. Wunderbar!
Stern
Über den Winter
Rolf Lappert
gelesen im Dezember 2015

Ein bewegender Roman über das, was heute Familie bedeutet.
Lennard Salm ist in allem halbwegs erfolgreich, aber doch fremd in seinem eigenen Leben. Als seine ältere Schwester stirbt, kehrt er zurück nach Hamburg und in die Familie, der er immer entkommen wollte. Einen funkelnden Winter lang entdeckt er, dass niemand jemals alleine ist. Salm lernt seine Eltern und Geschwister neu kennen. Über den Winter zieht unaufhaltsam hinein in das Denken und Fühlen eines Menschen in der Mitte des Lebens
Der Herr der kleinen Vögel
Yoko Ogawa
gelesen im Oktober 2015

Erinnerung und Vergessen, die Unausweichlichkeit des Schicksals und der Rückzug in die Stille. Mit ihrem schwebenden, unverwechselbaren Erzählstil knüpft Yoko Ogawa an die großen Themen ihrer früheren Romane an und schickt den Leser auf eine wundersame Reise durch eine Welt voller Geheimnisse und Magie.
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Es ist das Beiläufige, Unaufgeregte, Unprätentiöse, das die Romane von Yoko Ogawa so großartig macht.
Deutschlandfunk
Das größere Wunder
Thomas Glavinic
gelesen im September 2015

Thomas Glavinics großes Buch der Liebe
Auf der rastlosen Suche nach Sinn durchwandert Jonas die Welt, fährt von einer Stadt in die nächste, kauft eine verfallene Wohnung in Rom, lässst sich ein Baumhaus bauen und eine ganze Insel einrichten. Bis er Marie trifft.
Nur wenige Autoren vermögen es, die Abgründe, die unter der Oberfläche lauern, so brillant einzufangen. Thomas Glavinic, ein großer Meister der vibrierenden Spannung und ein radikaler Chronist der menschlichen Existenz, ist ein würdiger Nachfolger von Patricia Highsmith und Franz Kafka.
John Burnside
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Ein Schlüsselwerk seines Schaffens…, ein großes Buch über die Angst und die Einsamkeit, über die Liebe und die Freiheit.
Tobias Becker auf SpiegelOnline
Der Allesforscher
Heinrich Steinfest
gelesen im September 2015

Vom Manager zum Bademeister.
Vom Zyniker zum Romantiker.
Von der Höhenangst zur Bergbesteigung.
Der Mann heißt Sixten Braun und erlebt seine Verwandlung. Dazu braucht es zwei beinahe tödliche Unfälle, eine große Liebe, eine lieblose Ehe sowie eine raffinierte Frau mit Nasenpiercing. Aber all das musste wohl sein, damit er werden konnte, was er werden sollte – nämlich Vater…
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Heinrich Steinfest erzählt lustvoll, klug, mitreißend. Endlich ein Gegenwartsroman über die Fülle des Daseins.
Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung
Leise singende Frauen
Wilhelm Genazino
gelesen im August 2015

Die Stadt als Fundgrube – ein Plädoyer für die Kultur der vermeintlich unauffälligen Dinge.
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Exkursionen zu den verborgenen Ereignissen der Poesie.
Die Zeit
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Denn das Mosaik, das uns dieser vom bürgerlichen Flaneur auf den Boden der sicht- und unsichtbaren Tatsachen und Tätlichkeiten gekommene Stadtstreuner vor Augen, Herz und Denken hält, sammelt Antwort-Splitter auf Fragen an eine Kunst, die Brecht als die höchste ansah: die Lebens-Kunst.
Wolfram Schütte in der Frankfurter Rundschau
Im Frühling sterben
Ralf Rothmann
gelesen im Juli 2015

„Im Frühling sterben“ ist die Geschichte von Walter Urban und Friedrich – „Fiete“ – Caroli, zwei siebzehnjährigen Melkern aus Norddeutschland, die im Februar 1945 zwangsrekrutiert werden. Während man den einen als Fahrer in der Versorgungseinheit der Waffen-SS einsetzt, muss der andere, Fiete, an die Front. Er desertiert, wird gefasst und zum Tod verurteilt, und Walter, dessen zynischer Vorgesetzter nicht mit sich reden lässt, steht plötzlich mit dem Karabiner im Anschlag vor seinem besten Freund … In eindringlichen Bildern erzählt Ralf Rothmann vom letzten Kriegsfrühjahr in Ungarn, in dem die deutschen Offiziere ihren Männern Handgranaten in die Hacken werfen, damit sie noch angreifen, und die Soldaten in der Etappe verzweifelte Orgien im Angesicht des Todes feiern. Und wir erleben die ersten Wochen eines Friedens, in dem einer wie Walter nie mehr heimisch wird und noch auf dem Sterbebett stöhnt: „Die kommen doch immer näher, Mensch! Wenn ich bloß einen Ort für uns wüsste …“
Vor dem Fest
Saša Stanišić
gelesen im Juli 2015

Noch ist Zeit vor dem Fest. Die Nacht muss ausgestanden werden, am Tag werden die letzten Vorbereitungen getroffen. Das Dorf kocht, das Dorf sprüht Glasreiniger, das Dorf schmückt die Laternen. Für die gute Statik des Scheiterhaufens hat lange unser Tischler gesorgt, der ist jetzt tot. Ein zugezogener Innenarchitekt aus Berlin hat sich an seiner Stelle angeboten, aber das gibt nur Probleme. Die Sitzordnung, brisantes Thema. Wer kriegt den Biertisch vorn am Scheiterhaufen? Wer hat es verdient den Flammen nahe zu sein?
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Weltliteratur aus der Uckermark: In >Vor dem Fest< erzählt Saša Stanišić, als gäbe es kein Morgen. Sein Roman ist das Ereignis des Frühjahrs.
Andreas Platthaus, FAZ
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Es ist wild, lässig, komisch und allen Ernstes ein großes, trauriges Glück.
Thomas Pletzinger, FAS
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In der Literatur geht alles, wenn man es kann. Saša Stanišić beweist mit >Vor dem Fest<: Er kann.
Richard Kämmerlings. Die Welt
Von Männern, die keine Frauen haben
Haruki Murakami
gelesen im Juni 2015

Der vorliegende Band versammelt sieben neue Erzählungen Haruki Murakamis – „longs short stories“, die wohl zum Zartesten und Anrührendsten zählen, was je von ihm zu lesen war. Und doch sind sie typisch Murakami, denn sie handeln von versehrten, einsamen Männern. Männern, denen zu ihrem Glück etwas ganz Entscheidendes fehlt…
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Nur Männer, die keine Frauen haben, können verstehen, wie herzzereißend, wie furchtbar traurig es ist, Männer zu sein, die keine Frauen haben. Den wunderbaren Westwind zu verlieren.
Das achte Leben
Nino Harataschwili
gelesen im Juni 2015

Georgien im Jahr 1900: Mit der Geburt Stasias, Tochter eines angesehenen Schokoladenfabrikanten, beginnt diese spannungsreiche Familiensaga, ein berauschendes Epos über sechs Generationen und acht außergewöhnliche Leben.
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Ein Buch, das süchtig macht: Mit 31 Jahren ist sie schon eine der kraftvollsten und eindringlichsten Stimmen der deutschen Literatur: Meisterhaft verknüpft Nini Haratischwili die bewegenden Erlebnisse einer georgischen Familie mit den historischen Revolutionen des Zwanzigsten Jahrhunderts. Ein Jahrhundertroman, der Leselust macht, und eine starke junge Frau, die sich von der Männergesellschaft ihres Heimatlandes losgesagt hat. Ein großer historischer Roman, so prall mit menschlichen Dramen wie das echte Leben.
Norbert Kron, Titel Thesen Temperamente
Gegenspiel
Stephan Thome
gelesen im Mai 2015

Maria ist achtzehn und möchte raus aus Portugal. Mitte der Siebzigerjahre bietet das Land einer jungen Frau wenig Perspektiven. Maria aber will nicht heiraten und Kinder kriegen, sie will mehr vom Leben. Als das neue Jahrzehnt anbricht, geht sie nach Berlin, beginnt ein Studium und eine Beziehung mit einem rebellischen Theatermacher, die bald scheitert. Allen Plänen vom unabhängigen Leben zum Trotz findet sich Maria schließlich als Ehefrau und Mutter in der nordrhein-westfälischen Provinz wieder und schaut ihrem Mann Hartmut beim Karrieremachen zu. Lang arrangiert sie sich mit den Verhältnissen, aber als die Tochter erwachsen und auf dem Sprung aus dem Haus ist, trifft Maria eine Entscheidung.
Wildauge
Katja Kettu
gelesen im Dezember 2014 und Februar 2015

Katja Kettu nimmt nicht nur ihre Figuren, sondern auch ihre Leser in die Mangel.
Ein kantiges, eigensinniges Buch mit einem überbordenden Reichtum an urwüchsigen Bildern und Wendungen.
Ein sprachliches Meisterwerk, für das die Übersetzerin Angela Plöger bisweilen sogar eine neue Sprache erfinden musste.
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Wildauge ist ein Buch, das man nicht liest, sondern durchlebt bis zum letzten Atemzug
Dagens Nyheter, Schweden
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Wildauge ist ganz einfach eine unglaublich fesselnde Geschichte. Sie zu lesen ist genauso intensiv, wie es gewesen sein muss, sie zu schreiben.
Kauppalehti, Finnland
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Katja Kettu hat wirklich alles: das Talent, die Kraft, den Stoff und eine vollkommen eigene Erzählweise, die die Geschichte magisch macht.
Östgöta Correspondenten, Schweden
Pferde stehlen
Per Petterson
gelesen im Januar 2015

Trond ist 67 und zieht sich nach Ostnorwegen zurück. Als ein Nachbar auftaucht, holen ihn die Ereignisee jenes Sommers vor mehr als fünfzig Jahren ein. Damals verbrachte er die Ferien mit seinem Vater in einer Hütte nahe der schwedischen Grenze. Es ist eine Gegend, in der man Pferde stehlen kann. Als in der Nachbarsfamilie ein schreckliches Unglück geschieht, entdeckt der Junge das wohlgehütete Lebensgeheimnis des Vaters.
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Mehr Eintauchen geht nicht. Ein Roman, der uns das Gefühl gibt, durch ein fremdes Leben zu schreiten und jede Wahrnehmung zu teilen.
Brigitte
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Eine wunderschön erzählte Geschichte über die Liebe und das Glück, das Jungsein und das Alter, die Natur und die Einsamkeit.
WDR
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Eindringlicher als Per Petterson kann man von Leuten in ihrer Landschaft nicht erzählen.
Süddeutsche Zeitung