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  • 15. Nov. 2023

Einige hervorragende Bücher habe ich in der letzten Zeit gelesen, allesamt von Schriftstellerinnen, manche sind dicke Wälzer, andere etwas kleiner im Umfang aber deswegen nicht weniger beeindruckend. Von den Autorinnen kannte ich bisher nur Nino Haratischwili, die mit ihrem epischen Schreiben mich schon seit einigen Jahren immer wieder in ihren Bann zieht. Mit zwei Büchern hat auf dem neuen Regal auch Einzug gehalten Claire-Louise Bennett, in deren sehr eigenen Formulierungen und Redewendungen mit feministischer Energie jenseits literarischer Konventionen ich liebend gerne eingetaucht bin und viel zu früh wieder im eigenen Alltagstageslicht aufgetaucht bin. Die junge Lauren Groff hat mich mit ihrer schonungslosen Erzählung über die Flucht einer Jugendlichen im 17. Jahrhundert hinein in die Wildnis undurchdringlicher Wälder des noch wenig erschlossenen Nordamerikas in Atem gehalten (ein wenig war ich beim Lesen erinnert an Die Wand von Marlen Haushofer), und Honorée Fanonne Jeffers gestaltet nah, umfangreich und mit bluesigem Sound ein bewegendes und kraftvolles Porträt einer schwarzen Frau, die sich in einer rassistischen Gesellschaft behaupten muss. Nicht zu vergessen Elfi Conrad, die mich mit ihrer autobiographische Erzählung über die Befreiung der Frauen von gesellschaftlichen Zwängen Anfang der Sechziger Jahre direkt eingefangen hat. Und natürlich ist da auch noch Katja Kettu - ihr so intensives und sprachlich eindringliches, ja manches Mal brachiales Wildauge habe ich vor Jahren verschlungen und vor einigen Monaten habe ich mich an sie erinnert und ihre Folgebücher gelesen.

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  • 1. Nov. 2023
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Im Wind ist es kein Fallen, es ist ein losgelöstes Fliegen, als hätten sie sich den ganzen Sommer darauf vorbereitet, diese Blätter, meine Freunde in jedem Herbst, sie schenken mir meine Lieblingsfarben. Dazwischen drehen sich, wie von selbst, die Ahornhubschrauber hinauf, fast bis zu den dunklen, schnell über uns hinweggleitenden Wolken, lautlos. Doch, wenn man genauer lauscht, dann hört man sie rufen: nehmt mich mit, ihr ziehenden Geschöpfe des Himmels!

Und drüben fallen die Menschen: in Cherson, in Awdijiwka, in Ashkelon, in Dschabalia, in Khan Yunis...

 
  • 20. Juli 2023
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In einer sehr interessanten Ausgabe der Zeit, in der die Redaktion 77 Artikel aus den letzten 77 Jahren der Zeit-Geschichte seit ihrer Gründung 1946 im Rückblick wieder ins Leben gerufen hatte, las ich vor ein paar Wochen einen Ausschnitt aus Michael Holzachs Buch Deutschland umsonst. Angetan davon bestellte ich mir auch gleich dieses Buch und wurde nicht enttäuscht: ein wunderbar literarisches, mit authentischen und klugen Beobachtungen und Erlebnissen gespicktes Schreiben über ein (mit Hintergedanken an eine Veröffentlichung geplantes) Aussteigen ohne jegliche finanziellen Mittel, über eine Wanderung von Hamburg bis München, begleitet von einem Hund, der abgemagert zuvor noch nie ein Draußen gesehen hatte und den er, als er aufbrach zu dieser Unternehmung, aus einem Tierheim ins Leben hinein rettete.

Die Randbemerkung von der Redaktion zu diesem Artikel: Sein berühmtestes Buch findet sich noch heute in vielen Regalen: Deutschland umsonst. Mit nur zwei Notgroschen zum Telefonieren in der Tasche hat sich der Reporter Michael Holzach 1980 auf Wanderschaft durch die Bundesrepublik begeben. Ohne Geld läuft er durch ein Land des Wohlstands, ein radikaler Selbstversuch, aus dem letztlich ein Gesellschaftsporträt wird. Holzach hat bis dahin viel für das ZEITmagazin geschrieben, über Gastarbeiter, Arbeitslose, jugendliche Trinker. Für seine Recherchen trat er meist aus dem Alltag, aus der Welt, wie die Mehrheit sie wahrnahm. Deutschland umsonst wurde nicht bloß ein Bestseller, sondern ein Kultbuch, eine Anleitung zum Aussteigen. Als es verfilmt werden sollte und Holzach mit der Regisseurin im Ruhrgebiet spazieren ging, entlang der Emscher, fiel sein Hund ins Wasser. Holzach sprang hinterher, um ihn zu retten, und ertrank. Er starb mit 36 Jahren.

 

Autor von Hirnstromern

Matthias Wagner

menschliche würde orthopädie des aufrechten gangs also kein gekrümmter rücken vor königsthronen nimm deine füße unter die arme und lauf cry baby nur der frieden ist es mein sohn wofür wir leben die beherrschung der natur ist gekoppelt an die verinnerlichte gewalt des menschen über den menschen gekoppelt an die gewalt des subjekts über seine eigene natur you can go all around the world trying to find something to do with your life baby when you only gotta do one thing well

Aus Wolkenbruch

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