- 26. Nov. 2024
Vor vielen, vielen Jahren, als ich noch jung war, wollte ich unbedingt die Bände der Jahrestage von Uwe Johnson lesen, ein Muss für literarisch Interessierte, dachte ich damals. Das denke ich auch heute noch, so bestellte ich mir vor zwei Jahren einen schönen Schuber mit den vier Bänden - doch sowohl damals, in meiner Endjugendzeit, als auch beim zweiten Versuch kam ich nicht über die Hälfte des ersten Bandes hinaus. Damals zu anspruchsvoll, zu ausufernd, zu fragmentarisch, heute zu viel Zeit und Ausdauer fordernd legte ich das Werk von Johnson beiseite, wohl wissend, dass die Zeit noch kommen wird.

Und nun also der dritte Anlauf - anhand des gelobten Hörbuches, gelesen von Charlie Hübner und Caren Miosga. Und tatsächlich, so geht das mit gut einlesenden Stimmen alles leichter von der Hand oder besser übers Ohr ins Hirn. Und seit einigen Tagen habe ich den ersten Band in Buchform noch dazu geholt und nun höre ich und lese parallel. So ist's tatsächlich noch besser. Ich bin gespannt, in welchem Jahr ich die allerletzte Zeile dieses grandiosen Schriftstellerns hörend und lesend mir einverleiben werde.
- 30. Okt. 2024
Es gibt Phasen, in denen ich durcheinander lese. Meist jedoch, wenn ich ein Buch zur Hand nehme, wird das auch zu Ende gelesen. Ich kann nicht in eine Romanwelt eintauchen und zugleich in einer anderen zugange sein. Nun habe ich aber gerade einige Kurzgeschichten oder Texte auf meinen Lesetischen verteilt, zu denen ich je nach Laune und Muße greife. Zudem hatte ich mich an einem Roman versucht, den ich aber nach etlichen Seiten aus der Hand gelegt hatte (was selten vorkommt), weil ich keinen Bezug zum sich hin und her wendenden Inhalt fand: Die Projektoren von Clemens Meyer, der in diesen Tagen auf irritierende Weise laut schimpfend die Veranstaltung zur Verleihung des Deutschen Buchpreises verließ, als nicht er zum Gewinner ausgerufen wurde. Da lese ich lieber in der Gesamtausgabe der Erzählungen von Katherine Mansfield, die Spaß machen, die einen klarsinnig beobachtenden, phasenweise bissigen und modernen Sound haben, auch wenn sie Anfang des letzten Jahrhunderts geschrieben wurden. Oder in dem zweiten, kleinen Band von Puneh Ansari Hello everybody, der zwar gegenüber ihrem ersten Band mir etwas langweiliger erscheint (vielleicht, weil der Überraschungseffekt ausbleibt, wenn man ihre Schreibe schon kennt), aber der immer noch Spaß macht beim Lesen ihrer meist schrägen, witzigen aber auch poetischen und immer wieder auf eigene, intelligente Art auf den Punkt bringenden Gedanken, die sie wohl so niederschreibt, wie sie in ihrem Kopf herumschwirren ohne den Zensor literarischer Zwänge.
Und da sind auch immer wieder zwischendurch die Alten Wege von Robert McFarlane, die meine Lesepfade kreuzen, und seine eindrucksvollen Wiederentdeckungen der Wildnis, wie er selbst das Ziel seines literarischen Treibens beschreibt. Und letztlich traf ich vor ein paar Tagen in einem Antiquariat auf die gut erhaltenen Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan, die ich mir natürlich gleich unter den Arm klemmte, und nach den spannenden und erhellenden Briefwechseln zwischen Bachmann und Frisch, werfen auch diese Briefe für mich neue Lichter auf das Leben von Ingeborg Bachmann.
- 20. Juli 2024

Nach dem einen oder anderen dazwischen gelesenen Buch stoße ich in dem dritten Band Frühling des Jahreszeitenzyklus von Ali Smith auf eine Schriftstellerin, die ich zwar vom Namen her kenne, aber über die ich nichts weiß und von der ich noch nichts gelesen habe: Katherine Mansfield. Also wieder: auf geht's: suchen und eintauchen:
Kathleen Mansfield Beauchamp, später bekannt als Katherine Mansfield, wurde am 14. Oktober 1888 in Wellington, Neuseeland, geboren. Sie entstammte einer wohlhabenden Familie und genoss eine privilegierte Erziehung. 1903 zog sie nach London, um dort ihre Ausbildung fortzusetzen. In London besuchte sie das Queen's College und tauchte in die literarische und künstlerische Bohèmszene ein.
Mansfield begann schon früh mit dem Schreiben und veröffentlichte ihre ersten Kurzgeschichten in verschiedenen Zeitschriften. Ihr Schreiben ist durchzogen von psychologischer Tiefe und poetischer Sprache, sie war eine scharfe Beobachterin ihrer Umgebung und eine kritische Stimme gegenüber sozialen Ungerechtigkeiten. Sie selbst litt zeitlebens unter den strengen gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit und kämpfte mit ihrer bisexuellen Identität.
Ihre Geschichten zeichnen sich durch ihre subtile Darstellung innerer Zustände, ihre prägnanten Charakterisierungen und ihre atmosphärische Dichte aus, sie sind modern und zeitlos. Die Werke von Mansfield beeinflussten zahlreiche nachfolgende Schriftsteller, darunter Virginia Woolf und D.H. Lawrence. Sie gilt als Meisterin der Kurzgeschichte und trug zur Etablierung dieser Gattung als eigenständige literarische Form bei.
Mansfields Leben war von Krankheit und persönlichen Schicksalsschlägen geprägt. 1917 wurde bei ihr Tuberkulose diagnostiziert, an der sie 1923 im Alter von nur 34 Jahren in Fontainebleau starb.
Wieder hat Ali Smith eine wohl bemerkenswerte Frau in ihr eigenes Schreiben eingeflochten, eine Frau, die wie Pauline Boty kein langes Dasein leben durfte und die ihr Talent über viele weitere Jahre hinweg nicht auskosten und weiterentwickeln konnte.
Ich auf jeden Fall werde ihr in nicht allzu ferner Zeit meine lesende Beachtung schenken.


