... ein scheißender Teufel
- Matthias
- 18. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Apr.
Noch bin ich im Wirkkreis von Uwe Johnson zugange, habe gerade den Briefwechsel zwischen ihm und Hannah Arendt fertig gelesen, der in dieser wertvollen Suhrkamp-Ausgabe nur die Hälfte des Buches ausmacht; auf den weiteren Seiten werden unter anderem Johnsons Typoskript "Beschreibung der Upper West Side" veröffentlicht, das er Hannah Arendt als Geschenk nach New York schickte, und auch die Druckfassung der Rede zur Verleihung des Georg-Büchner-Preises 1971 - auch diese lässt er in einer kommentierten Originalfassung Arendt zukommen.
Da ich Johnson nur von einigen Bildern kenne, recherchiere ich heute an diesem verhangenen Aprilmorgen nach einer Filmaufnahme dieser Rede und sehr schnell und naheliegend befinde ich mich zum ersten Mal auf der Büchner-Preis-Webseite (warum eigentlich erst jetzt? Alles zu seiner Zeit...), die mich in ihrer kreativen Gestaltungsform gleich anspricht und so krame ich mich durch all die Jahre und all die dazugehörigen Preisträger. Es gibt hier keine bewegten Bilder von Uwe Johnson, doch es gibt kurze Audioauszüge seiner Rede. Seine Stimme ist mir fremd, man müsste sich mit ihr vertraut machen, wie eben seinem besonderen literarischen Schreiben auch.
Ich erinnere mich an einen Artikel in der TAZ vor vielen Jahren über den Büchner-Preis, ich finde ihn wieder: am 29.10.2011 schreibt Angela Leinen:
... Andere Preise sind bescheidener. Beim Bachmannpreis in Klagenfurt wird nur ein Schimmer Morgenröte gesucht: der beste Text aus drei Vorlesetagen, vielleicht wird mal ein schönes Buch draus. Der Deutsche Buchpreis verbreitet Hoffnung auf lesbare deutsche Romane und ruft den Lesern zu: Seht her, es gibt ein Lesen außerhalb von "Wanderhure" und "Schlank im Schlaf"!
Der Georg-Büchner-Preis aber ist ein scheißender Teufel auf der Suche nach dem größten Haufen. Der durchschnittliche Büchnerpreisträger ist zwischen 50 und 70 Jahre alt, meist männlich und hat schon acht bis zwölf andere Literaturpreise gewonnen. Mit dem Büchnerpreis wird bereits zementierte Bedeutung zementiert. ...
Ich schaue mir nochmals die Preisträger seit 2011 an und es ist, als hätte die Jury zusammen mit dem sich wandelnden Zeitgeist sich diesen Artikel in den folgenden Jahren bis heute zu Herzen genommen: jünger sind sie geworden, die Preisträger, und weiblicher, und wie immer viele begleitet von all dem Treiben fürsprechender und kritisch ablehnender Stimmen.
Nun aber werde ich mich aus dem Vergangenen lösen und dem Hier und Jetzt widmen und eine trockene Phase (viel zu kurz sind die verregneten) nutzen, um durch die Wälder zu streifen.
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