- 9. Feb. 2017

Da kam mir doch während des Lesens von Hellers Buch vom Süden eine liebe Tochter mit einem geschenkten Buch in die Quere, einem Buch, in das ich kurz hineinblätterte und das ich dann mehr oder weniger in einem durch gelesen habe, weil es mich ohne mein Dazutun mit sich genommen hat: Widerfahrnis von Bodo Kirchhoff. Der Umstand, dass man(n) im fort-geschrittenen Alter in einem melancholischen, sich selbst genügenden und dahinwehenden Einsamkeitsdasein plötzlich aus dem Nichts von einer fremden Frau und einer sich neu gestaltenden Herzensnähe überkommen wird, hat mich von Anfang bis zur letzten Zeile ganz bei sich gehalten – auch wenn es in einer sich entfaltenden Road-Story nur eine kurze Nähe ist und eine verstörende Zerbrechlichkeit von sich zu erfüllen scheinender Sehnsucht am Ende auftut. Gestört in der Geschichte hat mich nur, dass die Protagonisten sich eine Zigarette nach der anderen anstecken, selten, dass in der Literatur im Gegensatz zum Film einem solch stinkenden und ungesunden Utensil eine derartige Präsenz zugesprochen wird. Und ein wenig befremdlich erschien mir das fast zu konstruierte Einflechten der Flüchtlingsthematik. Trotzdem: für dieses Buch habe ich nicht wenige Lindentriebe eingesammelt.
Und dann wieder zurück zum Buch vom Süden. Eintauchen in die letzten hundert Seiten und in Hellers sehr bereichernde und ansprechend niedergeschriebene Gedankenwelt, und auch für diesen schönen Roman wehen einige Lindentriebe auf meinen Schreibtisch. Auf dem schon die nächsten Bücher warten: Das wundersame Leben des Isidoro Raggiola von Enrico Ianniello und für’s leichte Zwischendurch der Abenteuerroman von Gerhard Henschel.
- 11. Nov. 2016

Seit einiger Zeit liegt auf meinem Lesetischchen André Hellers Roman Das Buch vom Süden - bisher hatte ich Heller (mehr in meiner Jugendzeit präsent als heute) überwiegend als interessanten Menschen, Liedermacher und Aktionskünstler vor Augen, sein literarisches Wirken zog an mir vorüber. Nach einigen ansprechenden Kritiken seines aktuellen Romans wollte ich ihn nun also auch als Schreiberling kennenlernen. Noch bin ich nicht am Ende angelangt, aber ich kann sagen: ich bereue es nicht, ich komme als Freund von Sprachmalereien und literarisch ästhetischer und Poesie zugeneigter Wortgestaltung – in diesem Falle noch mit einer Melange von österreichischem Humor und Charme angereichert - auf meine Kosten. Es macht Spaß der Lebensgeschichte von Julian Passauer zu folgen, in der einige originelle Gestalten auftauchen und luftig vor sich hin philosophierende Geschichtchen ihren Platz finden. Heller geht nicht allzu sehr in die Tiefe, was ich ab und an als Mangel empfinde, er klingt hin und wieder zu selbstverliebt in seiner Sprachfreudig- und fähigkeit, aber sein kulturelles Bewandertsein, das Pflegen von hoher Kunst eines „altmodischen“, nicht beiläufig, zu modern hingepfefferten Schreibens und die Kraft der Bildhaftigkeit entschädigen dafür. Ich werde das Buch gerne zu Ende lesen.
- 2. Juni 2016
Da lese ich in Frischs Tagebuchaufzeichnungen und wundere mich über einen nicht nachvollziehbaren Sprung. Dann entdecke ich, dass ich vor einigen Jahren diese Ausgabe als Mängelexemplar gekauft hatte und mir damals unachtsam entgangen war, dass doch tatsächlich ganze 50 Seiten fehlen. Nun, sei’s drum, werde ich mir bei Gelegenheit also Frischs Entwürfe nochmals ohne Seitenmängel zulegen und mich nun wieder den – mittlerweile auf meinem Lesetischchen etwas verwaisten – schönen Geschichten von Christoph Ransmaier aus seinem Atlas eines ängstlichen Mannes zuwenden. Und was das Lesen darin bereichert: nach dem Hineingleiten in Ransmayers Beschreibungswelt zu den einzelnen Stationen ein Abgleich der eigenen Vorstellungsbilder mit den tatsächlich existenten beim „Bereisen“ seiner Entdeckungsorte im Netz.


